Vals (Schweiz)

Wasser und Berge
alle Fotos @ Michael Dellantonio
Die Anfahrt: Es war bereits dunkel, als wir endlich Ilanz erreichten. Ilanz war die letzte große Ortschaft, bevor wir die letzte Bergstraße für diesen Tag in Angriff nahmen. Meine Mutter meinte folgerichtig nach vier Stunden Fahrt durch die östliche Schweiz: Die Schweiz besteht hauptsächlich aus Schluchten, Bergen, Brücken und Tunnels. Und kurvigen Straßen. Zum Glück auch aus einmaliger und kurzweiliger Landschaft, welche die Fahrt über den Ofen- und Julierpass gefühlt kürzt.

Bei Ilanz bogen wir ab Richtung Vals. Zielgerade war dieses letzte Tal, das uns noch von Vals trennte, nicht gerade. Vielmehr war es,  wie so viele Täler in der Schweiz - eng, steil und kurvig. Immer wieder zweigte eine noch kleinere Straße ab in Ortschaften, deren Namen so exotisch klingen wie Inseln im Pazifik. Inseln in den Bergen, umgeben nicht vom Ozean, dafür umspült von unzähligen Gebirgsbächen. Hinter jeder Talbiegung vermuteten wir Vals, doch der Ort liess auf sich warten. 

Der Ort: Nach einer halben Stunde erreichten wir die unerwartet modernen Gebäude des Thermenhotels - und fuhren an ihnen vorbei weiter in den alten Ortskern von Vals. Unser Hotel (Hotel Alpina) lag am Dorfplatz, in Nachbarschaft der Kirche, mehrerer traditioneller Holzhäuser und der letzten in der Schweiz existierenden Handlung. Dieser privilegierte Status lässt die Souveniers im Schaufenster der Handlung gleich auch viel einzigartiger ausschauen, als sie es vermutlich sind. Einzigartig sind in Vals auch die Kirchturmglocken: die Kirche beherbergt das größte Glockenwerk im Bündnerland. Früh am Morgen hätte es allerdings ein weniger eindruckvolles Geläut auch getan. 

Das Frühstück: Das reichliche Frühstück mit Käs, Birchermüesli, frischem Brot und Bündnerfleisch entschädigte für das harmonisch einwandfreie, doch etwas zu laut geratene Glockenkonzert am Morgen und lieferte die notwendige Energie, um die Landschaft rund um Vals zu erkunden. Am Abend gabs Wild und Spezialitäten aus dem Bündnerland.

Die Umgebung: Für die elegante Pyramide des Zerveilahorns sind wir zu spät aufgestanden, doch die kürzere Wanderung zum Guraltschsee bot ebenfalls einen guten Einstieg in den Reichtum der umliegenden Berge. Stein und Wasser prägen diese karge Landschaft, weiter unten im Tal dominieren Almwiesen. Die Landschaft erzählt von der Stärke der Natur, aber sie scheint auch die Menschen, die hier leben, gestärkt zu haben. Trotz zahlreicher Überschwämmungen durch den Valserrhein und anderen Gebirgsbäche hielten die Valser an ihrem Ort fest und scheinen heute mehr denn je in einer recht harmonischen Beziehung mit ihrer Bergwelt zu stehen. So verwundert es nicht, dass der Valserdialekt mehr als fünfzehn verschiedene Begriffe für Heu kennt, und mindestens ebensoviele für Wasser und Regen. Die Schönheit der Almwiesen kann man auch bei einer leichten Wanderung zu dem Weiler Leis oberhalb von Vals bewundern - ebenso wie die gelungene Verbindung zwischen moderner Architektur und traditionellen Bauweisen.

Die Therme: Die Valser sind einerseits vom Wasser geplagt, andererseits aber auch mit einem ganz besonderen Wasser gesegnet: dem Thermalwasser, das seit über hundert Jahren Besucher anlockt. Mit einer Temperatur von 30°C sprudelt das reichhaltig mit Mineralien versetzte Wasser aus dem Berg in die vom Archikten Peter Zumthorentworfene Thermenanlage . Sehen kann man die Quelle nicht, da unterirdisch; dafür kann man ihren Schatz oberirdisch, teils sogar im Freien, geniessen. Allein der Architektur wegen lohnt sich ein Besuch in den Thermen, für deren Bau in erster Linie der "Valser Gneis", ein Quarzitgestein, verwendet wurde. Umgeben vom edlen Grau des Valser Gneis und dem samtig-warmen Wasser kann man sich in den Thermen noch einmal zum Ausklingen die einmalige Landschaft von Vals vor Augen führen: ihre Berge und ihr Wasser. 

Und hier noch ein paar Tipps: 

Unterkunft: Das Thermenhotel ist ein wuchtiger Bau aus den Sechzigern; während die ZImmer sicherlich einwandfrei gestaltet sind, bleiben eine autenthische Atmosphäre und Charme leider etwas auf der Strecke. Von den vielen kleineren Hotels und Pensionen ist das Hotel Alpina besonders empfehlenswert. Moderne Architektur und Inneneinrichtung fügen sich bei diesem Hotel perfekt ein in das alte Dorfbild von Vals, und die reichhaltige Küche trägt ebenfalls dazu bei, dieses Hotel zum kleinen Star der Ortschaft zu machen. 

Thermen: Kinder unter fünf Jahren haben keinen Zutritt; insgesamt sind die Thermen und Vals wohl eher ein Ort für ein entspanntes Wochenende zu zweit, und weniger als Destination für einen Familienurlaub geeignet. Wer nicht im Hotel Therme wohnt, sollte im Voraus bereits Eintrittskarten bestellen. Im Hotel Alpina kann man das auch über das Hotel machen - inklusive Ermäßigung.

Aktivitäten: Es gibt viele verschiedene Wandermöglichkeiten, vom Spaziergang bis zur Gipfeltour. Wer sich den Aufstieg ersparen möchte, kann mit dem Lift in die Höhe fahren; wer sich den Abstieg ersparen möchte, kann sich Trottinets ausleihen und damit die weiterführende Bergstraße nach Vals hinunterfahren. Im Winter kann man ausserdem Schifahren.
 

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